Die Entstehung

Auf Einladung des damaligen Pfarr-Rektors Lambert Lambertz von Siegburg-Wolsdorf, der in seiner seelsorgerischen Tätigkeit die ungünstigen Wohnverhältnisse der Arbeiterschaft kennengelernt hatte, versammelten sich am 19. Januar 1902 im Michaelshause in Siegburg (dem späteren Lindenhof) 122 Siegburger Bürger, „um die Errichtung einer Arbeiterwohnungs-Genossenschaft als eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht zu beschließen". Schon die große Zahl der Bürger, die zu der Gründungsversammlung erschienen waren, ist ein Beweis dafür, in welchem großen Umfange damals der Genossenschaftsgedanke in der Bevölkerung und namentlich in Arbeiterkreisen bereits Aufnahme gefunden hatte.

Die Gründung wurde einstimmig beschlossen; alle 122 Erschienenen traten der Genossenschaft bei, und es wurde ebenso einmütig der erste Aufsichtsrat gebildet, der aus zwölf Personen, und zwar den Herren: Notar Dr. Ridder als Vorsitzender, Hauptlehrer Jonas, Stadtbaumeister Husmann, Hubert Becker, Karl Putzstück, Georg Lindlahr, Christian Stange, Ernst Wichmann, Anton Hadamczyck, Hubert Ehlen, Kaplan Roemer und Agent Josef Alefeld bestand. Als erster Vorstand fungierten die Herren: Rektor Lambertz, Buchhalter Otto Schmidt und Lehrer Peters. Am Ende des zweiten Jahres (1903) zählte die Genossenschaft schon 148 Mitglieder mit einer Gesamthaftsumme von 30.400,- Mark. Bis zu diesem Zeitpunkt waren auf die Geschäftsanteile auch schon 10.900,- M eingezahlt. Gleich nach der Gründung trat die Genossenschaft dem Verband der rheinischen Baugenossenschaften, heute Verband rheinischer Wohnungsunternehmen (Baugenossenschaften und -gesellschaften) e.V. in Düsseldorf bei.

So groß das Interesse für den genossenschaftlichen Wohnungsbau unter der Arbeiterschaft war, so zurückhaltend verhielten sich anfänglich die kommunalpolitischen Vertreter der Bevölkerung, die Stadtverordneten, der neu gegründeten Genossenschaft gegenüber. In der Generalversammlung der Genossenschaft am 11. Mai 1902 klagte der Vorsitzende darüber, „dass die Stadtverordneten den Antrag der Baugenossenschaft um Unterstützung in geheimer Sitzung abgelehnt haben, obschon die Finanzkommission einstimmig 20 Anteile in der Höhe von je 200,- Mark zugesagt hatte und obgleich von 60 durch den Herrn Bürgermeister untersuchten Wohnhäusern 30 als schlecht befunden wurden". Die Einstellung der Stadt gegenüber der Baugenossenschaft war auch deshalb von Bedeutung, weil sie von Einfluss war auf die Hypothekenhergabe durch die Landesversicherungs-Anstalt und andere Kreditgeber. Es war infolgedessen für die Genossenschaft anfangs sehr schwer, Hypothekengelder zu erhalten, um damit die ersten Wohnungsbauten beginnen zu können. Diese Einstellung der Stadtverordneten-Versammlung hatte sich auch ein Jahr später noch nicht geändert, denn in der Generalversammlung am 2. Februar 1903 klagte der Vorsitzende abermals „über die allen bekannte Stellungnahme der Mehrheit der Stadtvertreter zu den Gesuchen der Baugenossenschaft um Zeichnung von Anteilscheinen. Nicht einmal e i n e n Anteilschein zu zeichnen, sei die Majorität gewillt gewesen". Lediglich „dem Herrn Bürgermeister Plum wurden wiederholt Worte des Lobes und der Anerkennung für sein freimütiges Eintreten zugunsten der Genossenschaft gespendet", so heißt es in der Niederschrift über die Generalversammlung am 2. Februar 1903 weiter. Erst weitere zwei Jahre später war das Eis gebrochen, und die Stadt übernahm im Jahre 1905 zehn Geschäftsanteile, die zehn Jahre später, im Jahre 1915, um weitere 25 vermehrt wurden. Nachdem die Stadt das segensreiche Wirken der Genossenschaft im Interesse des Wohnungsbaues erkannt hatte, hat sie diese in der Folgezeit in zunehmendem Maße unterstützt, und zwar durch Übernahme weiterer Geschäftsanteile, Vermittlung von Hypothekendarlehen, Überlassung von Baugrundstücken, zeitweise auch dadurch, dass sie technische Kräfte des Stadtbauamtes für Bauplanungen zur Verfügung stellte.

Bis zum heutigen Tag hat die Gemeinnützige Baugenossenschaft 201 Häuser mit 1.100 Genossenschaftswohnungen für den eigenen Bestand errichtet. Desweiteren wurden 929 Wohnungen im Rahmen von Baubetreuungen erstellt. Auf genossenschaftseigenen Grundstücken in der Gartenstraße und am Sandweg wurden überdies jeweils zwei Einfamilienhäuser für kinderreiche Familien gebaut. Nach der Errichtung von vier Mietwohngebäuden (Winterberger Str. 15 und 17 und Winterberger Str. 24 und 26) mit jeweils 12 Wohnungen im Jahr 1997, lässt die Gemeinnützige Baugenossenschaft die Neubautätigkeit vorerst ruhen.

Seit 1997 wird sich ausschließlich der aufwendigen Sanierung der einzelnen Wohnungen bzw. des gesamten Gebäudebestandes und der dazugehörigen Außenanlagen gewidmet.

Die verwalteten, bestandseigenen Wohnungen befinden sich ausschließlich in der Stadt Siegburg. Weiterhin stehen unseren Nutzungsberechtigten 221 Garagen und 206 Stellplätze zur Verfügung.

Von der Gemeinnützigen Baugenossenschaft eG Siegburg werden somit 68.512 m² Wohnfläche zur Vermietung an durchschnittlich 1.100 Mitglieder vorgehalten. Das Gesamteigentum des Grundstücksvermögens beläuft sich auf 155.388 m² Grundstücksfläche.

Aus dieser Historie und den gerade genannten Zahlen wird deutlich, dass sich an dem Ziel der Gründer der Genossenschaft im Jahre 1902, einer breiten Bevölkerungsschicht wirtschaftlich angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, bis heute nichts verändert hat.

In unseren 1.100 genossenschaftseigenen Wohnungen finden die Mitglieder mehr als ein Dach über dem Kopf. Sie sind sozusagen aufgrund der Rechtsform der Genossenschaft „Mieter im eigenen Haus“.

Dem ständig andauernden dynamischen Prozess der Anpassung an die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen trägt der heutige Vorstand dahingehend Rechnung, als dass der Wohnungsbestand durch kontinuierliche Modernisierungen (exemplarisch seien hier nur Wärmedämmmaßnahmen, die Errichtung von Balkonen und der Einbau von Kaltwasserzählern genannt) den gestiegenen qualitativen Ansprüchen der Nutzungsberechtigten angepasst wird. Um auch das Wohnumfeld für eine weitere Vermietbarkeit attraktiv zu gestalten, wird auch dieses individuell den Bedürfnissen der Mitglieder angepasst. Dies gilt vor allem für ältere Mitglieder, die gerne in ihrem vertrauten Lebensbereich wohnen bleiben möchten.

Das 100-jährige Bestehen, welches mit einem Festakt im Museum der Kreisstadt Siegburg im Februar 2002 gewürdigt wurde, bestätigt eindrucksvoll, dass die genossenschaftlichen Grundprinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und der Selbstverantwortung heute noch genauso aktuell sind, wie vor 100 Jahren.

Unerlässlich hierfür ist hinsichtlich der Selbstverwaltung die Unabhängigkeit der Genossenschaft, welche ausschließlich durch unsere Mitglieder, insbesondere unsere langjährigen Mitglieder, gewährleistet wird.

An dieser Stelle möchten wir uns speziell bei den aktiven Genossenschaftsmitgliedern für die vielen Gespräche und gemeinsamen Diskussionen im Lichte des genossenschaftlichen Wohnens bedanken.


Der Vorstand